Wir brauchen wertvolle Gemeinschaft mit anderen. Echte, tiefe Gemeinschaft, in der ich ehrlich sein kann und die auf die eine oder andere Weise anpackt und unterstützt, wo immer das nötig ist. Egal, wie es mir geht.
Annette Schades Blogparade stellt die Frage: „Wie gehts es mir wirklich – und wie ehrlich kann ich damit sein?“. Dies ist mein Beitrag dazu.
Das Leben ist eines der schwersten
Wie geht es dir gerade? Als Mensch, als Christ, als Mitarbeiter:in? Immer wieder gibt es Zeiten in unserem Leben, im Glauben und auch in der Mitarbeit in der Gemeinde, in denen uns alles schwerfällt. Wo wir nicht so können, wie wir wollen, uns vielleicht etwas anderes ablenkt oder … manchmal hat mans einfach schwer.
Helft einander, eure Lasten zu tragen! Auf diese Weise werdet ihr das Gesetz erfüllen, das Christus uns gegeben hat.
Die Bibel: Galater 6,2
Ein Beispiel fürs Schwerhaben
Unser zweiter Sohn wurde mit diversen Fehlbildungen geboren, die sich in seinem bisherigen kurzen Leben in unglaublich vielen Krankenhausaufenthalten, Therapien, OPs, Medikamenten, Pflegedienstbesuchen, Regalwände füllendem Schriftkram und viel, viel Kraftaufwand und Tränen niederschlagen. In der letzten Zeit war es aufgrund einiger heftiger OPs und einem schier nicht enden wollenden Krankenhausaufenthalt mit viel auf und ab besonders schlimm für uns alle in der Familie.
Ich halte an sich viel aus, mag Herausforderungen und packe Probleme gern bei den Hörnern. Aber diese Situation schafft mich.
- Sie schafft mich körperlich: zu wenig Schlaf, schlechtes Essen, zu wenig Bewegung, zu viel zu tun, zu organisieren, alles unter einen Hut zu kriegen …
- Sie schafft mich emotional: Ich halte es einfach schlecht aus, meinen Sohn so leiden zu sehen (und meinen ersten Sohn und meine Frau). Das ständige Auf und Ab, immer wieder neue Ideen, Prognosen, Therapien etc. schlauchen ungemein. Und die Ungewissheit, wie es weitergehen wird, tut ihr Übriges.
- Sie schafft mich aber auch geistlich: Ich bin grundsätzlich absolut froh und total dankbar, alles bei Gott abgeben zu dürfen und ihm auch all meinen Ärger, meine Trauer etc. an den Kopf werfen zu können – aber diese Situation (und ihre Dauer) laugt mich geistlich teilweise sehr aus. Ich weiß oft gar nicht mehr, was ich beten soll und fühle mich auch recht weit entfernt von Gott. Vieles, was mir in Predigten oder Büchern früher hilfreich für meinen Glauben erschien, hört sich jetzt leer und unecht an … Beziehungsstatus: Es ist kompliziert.
Aber es ist auch nicht alles Mist
Was mich in all diesem Mist einigermaßen aufrecht hält, ist neben meiner Familie (in der wir uns irgendwie gegenseitig stützen), die Menge an Freunden und Bekannten, die uns begleiten. Die wertvolle Gemeinschaft mit anderen, die uns auffangen, wenn wir selber nicht mehr können. Bei mir sind das Freunde, Verwandte, gute Bekannte und viele, viele Mitglieder TABORs (wo ich dazugehöre).
- Da schreiben mir Leute, rufen mich an und fragen nach, wie es uns geht und wie sie helfen können (und wollen das auch echt tun).
- Da überweisen uns Leute einfach so Geld, weil sie mitbekommen haben, dass es grade eng wird.
- Da bekommen wir ein „Care Paket“ mit leckerem Nervennahrungsinhalt und einem tollen Brief, der uns ermutigt und mit dem Satz endet: „Fühlt euch nicht verpflichtet zu antworten, euch zu bedanken oder so was. Wir wollten euch einfach nur etwas Gutes tun.“
- Da beten hunderte Menschen regelmäßig für unseren Sohn und die ganze Situation.
- Da nehmen mich spontan Menschen in den Arm und beten für mich oder segnen mich.
- Da glauben Leute einfach so für uns mit, wo uns das aktuell schwerfällt.
- Da darf ich vor Leuten ehrlich sein und einfach mal allen Frust, alle Überforderung und allen Zweifel herauslassen. Ungefiltert. Und mit Kraftausdrücken. Sogar mit Tränen und Schniefnase.
- Da glauben Leute für mich mit, dass Gott da und uns zugewandt ist, wenn ich das grade nicht kann.
- Da kommt eine Freundin extra aus dem „Fernen Osten“, um uns hier vor Ort für einige Tage zu unterstützen.
- …
Wie wertvolle Gemeinschaft ist …
Das macht mir unglaublich viel Mut. Das lässt mich immer wieder spüren: Wir sind nicht allein. Es interessiert ganz schön viele Menschen, wie es uns wirklich geht. Wir werden gestützt und dort getragen, wo wir selbst so gar nicht(s) mehr können. Deswegen komme ich irgendwie klar. (Allen, die zu meiner wertvollen Gemeinschaft gehören, deswegen hier ein sehr, sehr, sehr, sehr, sehr großes Danke!)
Unser Leben führt uns immer wieder in Situationen, die wir allein nicht packen können oder die wir zumindest besser nicht allein bewältigen sollten, weil uns das nicht guttut und über unsere Kraft geht. Vielleicht sind es in deinem Leben nicht so heftige Gegebenheiten, wie wir sie gerade erleben, aber die ein oder andere Krise erwischt jeden Mal.
Wir brauchen wertvolle Gemeinschaft mit anderen. Echte, tiefe Gemeinschaft, in der ich ehrlich sein kann und die auf die eine oder andere Weise anpackt und unterstützt, wo immer das nötig ist. Unsere Gemeinden, unsere Mitarbeiterteams, unsere Kreise und Gruppen können solche Gemeinschaften sein. Sollten sie auch. Und das ist unglaublich viel wert.
Jetzt wird’s praktisch
- Wer sind die Menschen, die deine wertvolle Gemeinschaft bilden? Bei wem darfst du sagen und zeigen, was dich wirklich beschäftigt und wie es dir geht?
- Für wen bist du Teil einer solchen wertvollen Gemeinschaft? Wer darf sich bei dir ohne Wenn und Aber auskotzen, wenn ihm/ihr danach ist?
Diese Fragen lassen sich wunderbar für sich selbst, im Mitarbeiterteam, im Jugendkreis, im Gottesdienst der Gemeinde, im Hauskreis … stellen und gemeinsam reflektieren. Jede/r sollte für sich eine positive Antwort darauf finden können oder genau heute in eine in diesem Sinne wertvolle Gemeinschaft eingeladen werden.